Das Problem, wenn wir uns an Statistiken und Prognosen klammern
Durchaus interessant, wie nackte Zahlen uns allen eine positive Entwicklung suggerieren können und sich unter dem Strich doch als platzende Seifenblase entpuppen. Lediglich ein Beispiel dafür ist die Rentenentwicklung, die durch das mittelfristige Brennglas betrachtet durchaus angenehm aussieht. Sogar so gut, wie man es in der gegenwärtig üblichen Schwarz-/Weiß-Malerei nicht zu vermuten gewagt hätte. Gibt es einen Haken? und – falls ja – wo? Werfen wir zunächst einen prognostizierenden Blick auf das aktuelle und die kommenden Jahre:
Kaum Anlass für monetäre Freudensprünge
Senioren in den neuen Ländern durften sich im Jahr 2021 über eine Rentenerhöhung von 0,72 Prozent freuen. Zugegeben, das ist kein Anlass für monetäre Freudensprünge. Allerdings erlebten die Rentner im Westen eine Nullrunde. Perspektivisch jedoch soll die Rente in den Jahren 2022 in den alten Bundesländern um 4,8 %, in den neuen um 5,6 % angehoben werden, in 2023 immer noch um 3,15 % im Westen, um 3,88 % im Osten. Hört sich danach an, als ob Senioren sich dann deutlich mehr leisten könnten. Fakt aber bleibt, dass die Steigerungen durch die übliche Inflationsrate wieder mehr als aufgefressen werden.
Dramatik steckt im langfristigen Kleingedruckten
Und langfristig betrachtet lesen die Zahlen sich noch heilbringender: Bis zum Jahr soll es laut Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung ein Rentenplus von prognostizierten 32 Prozent geben. Um diese jubelnde Zahl zu entkräften: Das entspricht einer jährlichen Steigerung von 2 %. Im selben Zeitraum aber werden allein schon vor dem Hintergrund der sich umkehrenden Alterspyramide immer weniger sozialversicherungspflichtig Arbeitende die Rentenlasten zu stemmen haben. Die Rentenversicherungsbeiträge werden zwangläufig steigen, was allerdings nur bis zu einer Schmerzgrenze dem Generationenvertrag entsprechen kann. In der Folge wird es massive Preiserhöhungen geben. Die vorhandene Reibung zwischen Daumen und Zeigefinger wird somit sinken.
Bei gleichbleibender Rentenhöhe faktisch weniger Geld in der Tasche
Grundsätzlich muss man verstehen, dass die Rentenentwicklung an die Entwicklung der Durchschnittsentgelte der Rentenversicherungspflichtigen gekoppelt ist. Im Zuge der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Arbeitsmarkt sind diese Entgelte aber gesunken. Und zwar in einem derartigen Ausmaß, dass nur folgerichtig auch die Renten eigentlich hätten gekürzt werden müssen. Umgesetzt werden konnte eine Senkung allerdings nicht. Grund dafür ist die Rentengarantie, die eine etwaige Rentenkürzung unterbindet. Bekommen die Rentner nun also denselben finanziellen Wert wie im Jahr zuvor? Klare Antwort: Nein! Die Inflationsrate im Jahr 2021 beträgt etwa 2,4 %. Bei in Zahlen gleichbleibender Rentenhöhe fällt der nominelle Geldwert also um eben diese 2,4 %.
Wenn die BIP-Prognosen zum schlitternden Glatteisfaktor werden
Wie leicht wir wirtschaftliche Prognosen voller Hoffnung fehlinterpretieren, zeigen auch die Zahlen des Bruttoinlandsproduktes. Das Bruttoinlandprodukt ist der Gesamtwert sämtlicher Waren und Dienstleistungen, die innerhalb eines Jahres in einem Land geschaffen und geleistet wurden. Nun ist man zu glauben geneigt, wenn das BIP steigt, bedeute das im Umkehrschluss zwangsläufig, im Bemessungsjahr sei fröhlich produziert und geleistet worden; es herrsche Aufbruch- und Erfolgsstimmung. Nur leider kann man sich mit ein bisschen Fantasie bekanntlich auch den letzten Blödsinn schönreden. Tatsächlich steigt das sogenannte nominale Bruttoinlandsprodukt nämlich auch dann, wenn das Preisniveau steigt.
Nominelles Bruttoinlandsprodukt steigt auch und gerade bei Inflation und Depression
Überspitzt – aber nicht realitätsfremd – gesagt, bedeutet das, das selbst innerhalb einer Rezession das BIP steigt, und zwar deutlich. Keinesfalls wird mehr produziert, nur die Preise steigen. Und exakt die spüren nicht nur die Senioren deutlich in der eigenen Lebensqualität. Trotz vermeintlich positiver Konjunktur kann man sich weniger leisten. Kann auch sein, dass einfach mal ein gigantisches Containerschiff im Suez-Kanal steckenbleibt. Dadurch wird nicht mehr produziert; stattdessen schießen die Preise für Güter, die nicht nachproduziert werden können, in die Höhe.
Weshalb die Sprache der Realität sich mit den Statistiken uneinig ist
Tatsächlich ist die bundesdeutsche Wirtschaftsleistung im ersten Quartal 2021 gerade mal um 1,7 % geschrumpft. Die Wirtschaftsweisen hatten ähnliches vorausgesagt. Gefühlt war die Entwicklung jedoch eine komplett andere. Etliche klein- und mittelständische Unternehmen mussten ihren Betrieb aufgeben. Aufgrund der umsatzarmen bzw. umsatzfreien temporären Schließungen im Zuge der Lockdown-Phasen – beispielsweise von Gastronomie und nicht systemrelevantem Einzelhandel – bei zugleich fortlaufenden Kosten waren die Reserven zahlreicher Unternehmen schnell aufgebraucht. Die versprochenen staatlichen Unterstützungen kamen oftmals zu spät oder verirrten sich im Formalismen-Dschungel der Bürokratie. Globale Lieferketten waren und sind unterbrochen. Innenstädte veröden mit deutlich sichtbaren Leerständen von Geschäftslokalen.
Es bleibt eine krude Rechenschieberei mit zweifelhaften Parametern
Schön und gut; weshalb betonen wir diese Entwicklung? Nun, in diesem Zeitraum ist die Wirtschaft nur verschwindend geringe 1,7 % geschrumpft? Obschon beispielsweise die gesamte Event- und Veranstaltungsbranche Milliardenumsätze nicht generieren konnte? Ernsthaft? Ist es nicht so, dass diese kuriose Rechnung nur aufgehen kann, wenn korrelierende Vergleichszahlen herangezogen werden? Und tatsächlich, erstens ging die Wirtschaftsleistung 2020 um 4,8 % zurück. Von dem somit niedrigeren Niveau haben die 1,7 % aus dem ersten Quartal 2021 eine verschwommene Qualität. Außerdem sind die Preise insbesondere für etliche Verbrauchsgüter im selben Zeitraum spürbar gestiegen. Das zunächst positiv erscheinende Wirtschaftswachstum des BIP ist demnach kein realer Fortschritt, sondern ein faktischer Verlust. Man muss eben nur die Parameter glaubhaft ansetzen und verkaufen.
Keine Ängste schüren, aber auf die Bedeutung der privaten Altersvorsorge hinweisen
Keineswegs ist es unser Ziel hier alles schlechtzureden. Vielleicht aber können wir mit unseren Gedanken dazu beitragen, das eine oder andere Auge zu öffnen. Sich auf die gesetzlichen Renten zu verlassen, wird künftig immer riskanter. Und wenn Rechenschemata von honigfließenden Zeiten erzählen, müssen die Zahlen zunächst mal hinterfragend interpretiert werden. Populisten würden vermutlich schreienderweise durch die Gegend blöken und verkünden, dass der Untergang der Sozialsysteme vorprogrammiert ist. Ängste zu schüren, liegt nicht in unserer Absicht. Dennoch aber möchten wir darauf hinweisen, dass die private Altersvorsorge zunehmend wichtiger wird und dass die Immobilienverrentung auf Nießbrauchbasis ein dafür passender Baustein sein kann.